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Saturday, January 5, 2013

Paul Badde @ DIE WELT: Georg Gänswein – der mächtigste Diener des Papstes

 
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Der schönste Mann im Vatikan: Der Badener Georg Gänswein
Foto: dpa Einflussreich im Vatikan: Der Badener Georg Gänswein
Die letzten Tage vor seiner Bischofsweihe im Petersdom hat "Don Giorgio" Gänswein ohne iPhone verbracht, auch ohne Telefon, PC, Fax und die diversen Briefkästen der alten Rohr- und Kurierpost des Vatikans, die ihn normalerweise 24 Stunden am Tag in Beschlag nehmen.
 
Die letzte Woche vor der Handauflegung durch den Papst verbrachte dessen Privatsekretär unerreichbar im Labyrinth des Vatikans in strengen Exerzitien, in denen er sich mit einem Spiritual im Gebet und in geistlichen Übungen auf den bisher spektakulärsten neuen Schritt seines Leben vorbereitete. Die unglaubliche Menschwerdung Gottes, die ihn mit diesem Akt in die Nachfolge seiner Apostel beruft, stand dabei in der Mitte aller Betrachtungen.
 
Aber natürlich werden seine Gedanken auch zu den Kartäusern geschweift sein, dem radikalsten Orden der katholischen Kirche, dem er in jungen Jahren einmal beitreten wollte, und er wird sich einmal mehr gewundert haben, welche Wenden sein Leben nach diesem Jugendwunsch genommen hat.
 
Wirklich geändert hat sich seine Lebensrichtung dabei eher nicht. Radikal wie ein Kartäuser lebt er inzwischen nicht nur in einem abgelegenen Kloster in finsterem Wald, sondern hoch über dem lichtüberfluteten Petersplatz im "appartamento" an der Seite des Papstes aus Deutschland.

Radikale Bilder schon in der Kindheit


Georg Gänswein hat das Wappen des Drachentöters gewählt
Foto: Georg Gänswein Georg Gänswein hat das Wappen des Drachentöters gewählt
 
Radikale Bilder bestimmen den Intellektuellen von Kindesbeinen an. Etwa von seinem Vater, den eine schwere Krankheit seit Jahren nicht mehr mitbekommen lässt, wie weit es sein Ältester heute gebracht hat. Tief geprägt hat ihn seine Mutter, deren plötzlichen Tod er vor drei Jahren betrauert hat.
Seinen kreuzfrommen und tiefen Glauben, der sich auch in der Ewigen Stadt längst nicht jedem Kleriker nachsagen lässt, hat er zuerst von ihr. Doch ebenso klar hat sich dem ältesten Sohn – vor zwei jüngeren Brüdern und Schwestern – der väterliche Schmied im Schwarzwald als Leitbild eingeprägt: ein "Mann wie ein Baum", im Funkenregen, mit glühenden Eisen in der Hand, neben Hammer und Amboss und zwischen ausschlagenden Pferden, die vier Männer beim Behufen halten mussten.
 
Es war ein Beruf, den es in den meisten Städten und Dörfern so kaum noch gibt, aus einer Welt, die sich im digitalen Kosmos zu verflüchtigen scheint. Das ließe sich auch von dem Beruf sagen, den Georg Gänswein heute hat. Ohne Berufung ist nicht zu denken, was er macht. Zupackende und vollständige Hingabe an sein Amt und an den Papst bestimmen jede Minute seines Lebens.
Viele Kolleginnen fasziniert sein "Lächeln, seine blauen Augen oder die lässige Eleganz" Gänsweins, der mit 56 noch aussieht, als sei er 46 Jahre alt. Wer sich dabei in den sprachgewandten und vielsprachigen "George Clooney" des Vatikans aber so verguckt wie Donatella Versace, die ihm vor Jahren eine Herrenkollektion widmete, vertut sich dabei jedoch.

Ratzinger hatte sich ihn ihm nicht getäuscht


Viele haben sich in dem sportlichen Mann schon getäuscht – bis auf Joseph Ratzinger, den so viele schon enttäuscht haben. Zwei Jahre vor seiner Wahl zum Papst hatte er Gänswein nach der Morgenmesse im Campo Santo Teutonico gefragt, ob er im "Heiligen Offizium", in der Glaubenskongregation für die katholische Lehre, sein persönlicher Assistent werden wollte.
Diese Aufgabe bewältigte der "leidenschaftliche Priester und nüchterne Weinkenner" nach einem Studium der Theologie und Philosophie in Freiburg und Rom und einem Doktorat des kanonischen Rechts in München so geschmeidig, dass der neue Papst aus Bayern den Geistlichen aus Baden nach seiner Wahl selbstverständlich als Privatsekretär mit zu sich hoch in den Palazzo Apostolico nahm – in den innersten Kreis der päpstlichen Familie.
 
Da konnte er einen wie ihn besser als je zuvor gebrauchen. Denn jeder Tag hat doch nicht mehr als 24 Stunden und das Papsttum ist ja keine Behörde. In der Mitte der Römischen Kirche thront kein Apparat, sondern eine Person mit all ihren Begrenzungen.
 
Der Privatsekretär bildet daher hinter dem Apparat des Staatsekretariats den letzten Staudamm, der den Nachfolger Petri davor bewahrt, von einer Flut nicht zu bewältigender Aufgaben und unter Bergen aus Papier begraben zu werden. Er ist eine Art letzter Leibwächter, physisch, psychisch und spirituell. Ihm gehört die letzte Hand, aus einem Ozean jene Anliegen herauszufischen, von denen er überzeugt ist, dass sein Chef sie unbedingt lesen sollte.

Er muss für ihn vorfiltern können


Er muss sich mit höchster Zurückhaltung in ihn hineinversetzen können, er muss für ihn vordenken und vorfiltern können, am besten pfeilschnell und schlafwandlerisch sicher. Er ist der Schatten Benedikts XVI., und bei der extremen Begehrlichkeit jeder Papstaudienz gehört Unbestechlichkeit ganz oben in das Anforderungsprofil seiner Position, egal angesichts welch traumhaft verschwenderischer Angebote, an denen es auch weit über Rom hinaus nie mangelt. Alles in allem eine unmögliche Aufgabe.
 
Denn als letzter Leib- und Seelenwächter musste der Prälat ja auch schon oft und vielen höhergestellten Bischöfen, Kardinälen und anderen Würdenträgern notfalls barsch absagen, wenn sie zu rigoros versuchten, die eng bemessene Zeit des immer älter werdenden Papstes zu beschlagnahmen.
 
Oft widersetzte sich nur noch seine Schulter dem enormen Druck auf die Tür des Papstes. In der streng hierarchisch geprägten Welt der Kurie schaffte das wie von selbst viele Verstimmungen, richtige Feindschaften und andere Härten – um von den normalen Eifersüchteleien auf den Fluren des Vatikans und der "invidia clericalis" hier einmal gar nicht zu reden (als die der berüchtigte "klerikale Neid" im differenzierten Sündenregister der katholischen Kirche bekannt ist).
 
Es waren Kräfte in einem spannungsreichen Ungleichgewicht, die sich zuletzt in der Vatileaks-Affäre entluden, deren innere Spitze sich vor allem auch gegen Georg Gänswein persönlich gerichtet hatte. Obwohl am Schluss nicht die Polizei, sondern der Sekretär den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele als "Raben" und operativen Aktendieb entlarvte, waren ihm dessen Aktivitäten bis dahin schon von vielen interessierten Seiten als eine "Verletzung der Aufsichtspflicht" angelastet worden.

Ein Mann, an dem keiner mehr vorbeikommt


Diese Sicht teilt der Papst allerdings ganz und gar nicht, wie er mit diesem neuen Vertrauensbeweis klarstellt, mit dem er sich ab jetzt einen Privatsekretär im Rang eines Erzbischofs leistet – und dem er nun noch dazu als Generalvorsteher die Fürsorge für das ganze päpstliche Haus anvertraut.
Es ist ein einmaliger Vorgang – weil dieser Schritt ja nicht nur ein einmaliges Signal ist. Als neuer Präfekt des päpstlichen Hauses ist Georg Gänswein nach dem Amerikaner Harvey ab jetzt unter anderem auch für den offiziellen Terminkalender des Papstes sowie dessen Audienzplan und die Betreuung von Staatsbesuchen verantwortlich – und bleibt als Privatsekretär so eng wie keiner sonst an der Seite des Papstes.
 
Jetzt ist er endgültig ein Mann, an dem keiner mehr vorbeikommt, der zum Papst will, ob als Präsident der Vereinigten Staaten oder als unbekannter Bischof der unterdrückten Kirche Chinas. Es ist nicht verkehrt, in ihm deshalb ab jetzt de facto und de jure den einflussreichsten Mann der katholischen Weltkirche hinter dem Pontifex zu sehen.
 
Als Privatsekretär hatte er schon seit Jahren eine Schlüsselrolle im Vatikan. Nun hat der Papst ihm auch ganz offiziell die Schlüsselgewalt dazu gegeben. Das hat Gänswein nicht zuletzt auch seinen vielen Gegnern zu verdanken.

Einmaliges Glück für die Kirche


Er freue sich für das neue Jahr 2013 wieder besonders an diesem Papst, hat er die "Welt" vor wenigen Tagen wissen lassen, wobei er sich dennoch "seit Jahren wundere", wie viele gerade in Deutschland noch nicht wirklich begriffen hätten, welches einmalige Glück dieser Mann für die Kirche ist. "Und für die Menschheit, inklusive meiner lieben Landsleute."
 
Dabei wollte er gar nicht daran erinnern, wie sehr vor Jahrzehnten "der Stolz der Polen auf ihren Papst die Welt verwandelt hat". Stattdessen hoffe er nur darauf, "dass auch in Deutschland immer mehr Menschen verstehen, welches Glück dieser Papst für uns alle ist". Verwandlung der Welt! Auch davon reden außer dem Papst nur noch wenige.
 
"Als Schutzengel wäre er eine Idealbesetzung", hieß es vor bald acht Jahren über "Monsignore Gänswein" an dieser Stelle in der "Welt", "doch in den letzten Jahren hat er sich immer mehr seinem Namenspatron angeglichen: an Georg, den Drachentöter." Der Fortgang der Geschichte scheint diese Einschätzung auch heute zu bestätigen.

Dem Biest wachsen die Köpfe immer wieder nach


"Cooperatores veritatis" heißt der bischöfliche lateinische Wahlspruch des Papstes: "Mitarbeiter der Wahrheit". Erzbischof Gänswein hat für sein nun notwendiges Bischofswappen als Wahlspruch die Worte gewählt: "Testimonium perhibere veritati" ("Für die Wahrheit Zeugnis ablegen").
Noch sprechender aber ist das ganze Wappen. Da hängt sein Wappenschild an einem Patriarchalkreuz mit zwei Querbalken und hat zwei Hälften. Links darin befindet sich das Wappen Benedikt XVI., mit der Muschel des heiligen Augustinus und aller Jakobspilger, dem Freisinger Mohr und dem Bären des heiligen Korbinian.
 
Rechts davon aber spuckt nun in Blau ein Drache Feuer gegen das Haus des Papstes – allerdings senkrecht durchbohrt von einer Lanze aus der Höhe unter dem Stern von Bethlehem. Es ist eine radikal kühne und undiplomatische Sprache, die "Pater Georg" nun als Erzbischof in seinen Schild aufgenommen hat. Vom heiligen Georg, dem Drachentöter, weiß er aber auch, dass dem Biest die Köpfe immer wieder nachwachsen.
 

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